Die Trennung Wien – NÖ stieß in den Gemeinden des Bezirks Mödling zunächst nicht auf allzu große Resonanz.
Im Verhältnis Wiens zu seinem Umland standen andere Themen im Vordergrund, wobei das am 1. Jänner 1922 aus NÖ heraus gelöste Bundesland Wien noch nicht die heutige Ausdehnung hatte.
Die damals gezogene Grenze verlief deutlich weiter im Norden, denn der heutige 23. Wiener Gemeindebezirk bestand noch aus Dörfern und der Industriestadt Liesing.
Auch die Frage einer blau-gelben Landeshauptstadt war damals noch nicht aktuell, hier sollte erst Perchtoldsdorfs Bürgermeister und Landeshauptmann Siegfried Ludwig, ÖVP, Bewegung in die Sache bringen, die dann zugunsten St. Pöltens und nicht seiner Heimatgemeinde entschieden wurde.
Ein Bein in Liesing, ein Bein in Perchtoldsdorf
Zur direkten Anrainerschaft der Bezirksgemeinden mit der Großstadt sollte es erst nach der Jahrhundertmitte kommen, als der Status Wiens infolge eines weiteren verlorenen Weltkriegs neu bestimmt wurde. 1938 hatten die neuen Machthaber einen zweifachen „Anschluss“ vollzogen: Im Frühjahr wurde Österreich Hitler-Deutschland einverleibt und im Herbst machte sich die NS-Bürokratie daran, durch großzügige Eingemeindungen „Groß-Wien“ zu schaffen.
Der braune Spuk war nach wenigen Jahren vorbei, doch kehrten die Gemeinden erst 1954 und nicht in der ursprünglichen Anzahl in den blau-gelben Schoß zurück. Auf diese Weise entstand der 23. Bezirk, dessen Grenze dabei alten Bachläufen und damit quer durch heutige Parzellen folgt – mit nicht immer ganz einfachen Folgen für die Bewohner, in der Ketzergasse nahe des Aquädukts, die zwar alle mit beiden Beinen im Leben, aber immer noch mit einem Fuß in Wien und einem in Niederösterreich stehen.
Von Großstadt war vor 100 Jahren noch keine Spur: Blick von Perchtoldsdorf über die Ketzergasse (heute Landesgrenze) nach Liesing. Links des Aquädukts die Popovicgasse. FOTO: Archiv Marktgemeinde Perchtoldsdorf
Quelle: noen.at