Das Verhältnis zur Identifizierungspflicht ist bis heute ambivalent, die Geschichte der Ausweisdokumente eine der Irrtümer und des Fälschens. Ein Ausflug in die Praxis der Arbeitsbücher in der Donaumonarchie.
Die Statur: mittel; das Gesicht: oval, die Haare: rotbraun, Augen: blau, Mund und Nase: proportioniert, besondere Kennzeichen: keine. So wird Maria Fugenrieder, geboren in Atzgersdorf südlich von Wien, im kleinen blauen Arbeitsbuch von 1903 beschrieben. Ein Stempel zeugt davon, dass sie von 23. 11. 1903 bis 4. 10. 1905 in der Liesinger Druckfabrik als Hilfsarbeiterin beschäftigt war – und dabei treu und fleißig gearbeitet habe. Und dass sie schließlich „lohnbefriedigt und gesund“ entlassen wurde.
Die Wirtschafts- und Sozialhistorikerin Sigrid Wadauer zeigt den Ausweis als Beispiel für ein in der Habsburger-Monarchie verwendetes Identitätsdokument. „Arbeitsbücher waren eine Möglichkeit, um sich identifizieren und die Erwerbstätigkeit nachweisen zu können“, erklärt sie. Das Dokument musste beim Arbeitsantritt vorgewiesen und dem Arbeitgeber ausgehändigt werden. Doch was dieser meist als unabdingbare Bündelung aller wichtigen Informationen zur Person schätzte – auch Berufserfahrung und Schulbildung waren vermerkt, Maria Fugenrieder etwa besuchte die 2a der Bürgerschule in Liesing –, geißelten Kritiker einst als Merkmal der Sklaverei und Mittel zur Überwachung.
Die graue Pinselzeichnung zeigt Arbeiter bei der Fassdaubenerzeugung. Ajdukiewicz, Zygmunt / ÖNB-Bilda
Quelle: diepresse.com