Bücher, die in der Nazi-Zeit verboten waren, haben jetzt in der VHS Erlaa einen besonderen Platz. Mit einem neuen offenen Bücherschrank kann man die Vielfalt der einst verbannten Literatur entdecken.
WIEN/LIESING. Viele Gräueltaten und Vergehen gegen die Menschlichkeit geschahen in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Kultur, wie auch die Literatur, waren davon nicht ausgenommen. Zahlreiche Bücher wurden öffentlich verbrannt und verboten, Schriftstellerinnen und Schriftsteller verfolgt, getötet oder verbannt.
Die VHS Liesing ist seit jeher ein Ort der Bildung, der Kultur und Aufklärung. Um ein Zeichen für diese so wichtigen Elemente unserer Gesellschaft zu setzen und an die dunklen Stunden der Vergangenheit zu erinnern, steht jetzt ein besonderer Bücherschrank in der VHS Erlaa in der Putzendoplergasse 4. Es ist eine „Bibliothek der verbrannten Bücher“, die jeder Interessierte kostenfrei nutzen und auch selbst ergänzen kann.
Literarische Vielfalt in der VHS
„Wir haben diesen schönen, alten Bücherschrank gefunden und uns gefragt, wie wir ihn am besten nutzen können“, erklärt Caroline Eckhart, Direktorin der VHS Liesing. So kam die Idee zu diesem speziellen Bücherschrank auf.
Franz Mock, Zweigstellenkoordinator der VHS Erlaa, hatte als studierter Germanist auch das nötige Fachwissen und die Leidenschaft für Bücher, um das Projekt umzusetzen. Mithilfe einer Förderung der Kulturkommission des Bezirks konnten zahlreiche Titel im Liesinger Buchhandel erworben werden. „Aber auch viele Bewohnerinnen und Bewohner kamen zu uns und brachten uns ihre literarischen Schätze“, freut sich Mock.
Die Liste der in der Nazi-Zeit verfemten Literatur ist so lang wie vielfältig. Foto: Lisa Kammann
Die Liste der in der Nazi-Zeit verfemten Literatur ist so lang wie vielfältig. Zu entdecken gibt es hier deshalb die verschiedensten Bücher. Neben Klassikern wie von Thomas Mann oder Stefan Zweig gibt es auch weniger bekannte Schätze zu entdecken. Mock empfiehlt etwa die Werke der deutschen Autorin und Dramatikerin Marieluise Fleißer oder der Literaturnobelpreisträgerin Nelly Sachs.
Die Erde ein Paradies
Übrigens steht auch eines von Mocks Lieblingsbüchern im Regal: „Pünktchen und Anton“ von Erich Kästner. Ein Zitat aus diesem beliebten Roman bildet, wenig überraschend, auch das Motto dieses Projekts: „Die Erde könnte wieder ein Paradies werden. Alles ist möglich.“
Karl Kraus und Erich Kästner im Bücherregal. Foto: Lisa Kammann
Die Bücher kann man vor Ort lesen, ausleihen oder den Bestand mit eigenen literarischen Kostbarkeiten ergänzen. Weitere Informationen gibt es beim Service-Schalter der VHS Erlaa, von Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr.
Titelbild: Franz Mock mit Caroline Eckhart, Direktorin der VHS Liesing, vor der „Bibliothek der verbrannten Bücher“. Foto: Lisa Kammann