Die Bundesländergrenze verläuft durch das Haus von Heidemarie Krejci. „Sie teilt unser WC in zwei Hälften“, erzählt die 68-Jährige.
Wenn Heidemarie Krejci auf dem stillen Örtchen sitzt, befindet sie sich zur Hälfte in Wien und zur Hälfte in Perchtoldsdorf. Das Wasser, das die Klospülung hinunter rinnt, kommt aus Perchtoldsdorf, das Abwasser fließt nach Wien. Familie Krejci wohnt in einer Straße, in der die Wohngebiete von Liesing (Wien) und Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) ineinanderübergehen. Die Ketzergasse, in der das Haus steht, ist in der Mitte geteilt. Die Bundesländergrenze läuft quer durch ihr Haus. So ist es möglich, dass die Familie, obwohl Wien und NÖ seit 100 Jahren getrennt sind, in beiden Bundesländern gleichzeitig wohnt.
Die Ursache liegt in der Geschichte. „Das geht auf die Zeit des Nationalsozialismus zurück, in der Gemeinden an Wien angegliedert wurden“, erklärt Historiker Gregor Gatscher-Riedl. Sowohl Liesing als auch Perchtoldsdorf gehörten zu Wien. Als NÖ 1954 Gemeinden zurückerhielt, kam Perchtolsdorf zu NÖ, Liesing blieb Wien.
„Für uns war das lange lästig“, erzählt Krejci, deren Eltern das Haus in den 60ern gekauft hatten. „Probleme hatten wir mit der Post.“ Weil sie eine Wiener Postleitzahl hatten, aber der Mödlinger Bezirkshauptmannschaft zugeteilt waren, kamen Briefe nicht an.
Mittlerweile ist das gelöst. Die Krejcis haben eine Perchtoldsdorfer Adresse. Kleine Schwierigkeiten sind aber geblieben und führen die unterschiedlichen Regeln zweier Bundesländer vor Augen: Die Errichtung eines Carports ist für die Familie ein schwieriges Unterfangen, da in Wien andere Regeln gelten als in NÖ. Anderes Beispiel ist der Garten: „Dort fallen einige Bäume in das NÖ-Naturschutzgesetz, andere ins Wiener.“
„Sage meistens, ich bin Niederösterreicherin“
Dass sie in zwei Ländern lebt, ist für Krejci heute eine witzige Anekdote. „Solange Wien und NÖ keinen Krieg führen, ist es kein Problem“, lacht sie. Die Frage, ob sie sich als Niederösterreicherin oder Wienerin sieht, stelle sich nicht. „Ich sage meistens, ich bin Niederösterreicherin. Aber mir ist das nicht wichtig, ich bin Weltbürgerin.“
Ähnlich wie den Krejcis geht es laut Bürgermeister Martin Schuster (ÖVP) noch etwa drei Familien in Perchtoldsdorf. Ändern wird sich an der Grenze wohl sobald nichts. Möglich wäre das nur mit einstimmigem Parlamentsbeschluss.
Quelle: NÖN.at von Lisa Röhrer