Museumsleiterin Heide Liebhart lädt zu einem spannenden Rundgang durch das Liesinger Bezirksmuseum ein.
WIEN/LIESING. Ein ägyptischer Sarkophag im Bezirksmuseum? In Liesing gibt es das. „Der Pharaonensarg landete Ende des 19. Jahrhunderts bei uns“, erzählt Heide Liebhart. Sie leitet das Liesinger Bezirksmuseum seit dem Tod des früheren Museumsdirektors Maximilian Stony seit 2021.
„Damals waren sogenannte Pharaonenpartys in Mode, bei denen Mumien ausgepackt wurden und das Knochenpulver dann in Getränke gemischt wurde – um ewiges Leben zu erlangen“, sagt Liebhart schmunzelnd. „Seit 2018 befindet sich unser Sarkophag nun schon als Dauerleihgabe im Kunsthistorischen Museum.“
Das Bezirksmuseum Liesing hat auch kuriose Geschichten und Objekte auf Lager. Foto: Mathias Kautzky
Originelle Exponate gibt es in der Canavesegasse 24 aber mehrere. „Das ist Kalodont, die erste Zahnpasta-Tube der Welt“, sagt die Museumsleiterin. „Hergestellt wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts vom Liesinger Fabrikanten und Erfinder Karl Sarg, nach dem die Karl-Sarg-Gasse benannt worden ist“, erklärt Liebhart und nimmt die Tube aus der Vitrine. „Die Zahnpasta besteht aus Glycerin – Sarg gelang es als Erstem, Glycerin in Tuben zu quetschen.“
Die Bezirksgeschichte Liesings lebt
Wer mit der Museumsleiterin einen Rundgang durch das Bezirksmuseum unternimmt, bekommt einen umfangreichen Crashkurs über die Bezirksgeschichte – Liebharts Spezialgebiet ist aber die Frauengeschichte.
Nach ihrem Studium von Geschichte und Germanistik war sie lange Zeit in der Wissenschaft in den Bereichen Genderforschung und jüdische Geschichte tätig. „Für die Wiener Volkshochschulen habe ich aber auch im Bildungsmanagement gearbeitet – und 20 Jahre lang habe ich das Archiv des Bezirksmuseums geleitet“, erinnert sich Liebhart und geht hinunter ins Erdgeschoß, wo die Sonderausstellung „Frauen(t)räume?“ zu sehen ist.
Auch die erste Zahnpasta der Welt ist im Bezirksmuseum ausgestellt. Foto: Mathias Kautzky
„Hier stellen wir Exponate aus, die sich mit der Vorstellung von ‚weiblicher Tugend‘ in früherer Zeit beschäftigen. In Zusammenarbeit mit dem Wien Museum und dem Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien haben wir dabei nicht nur ganze Kücheneinrichtungen, sondern auch viele gestickte Sprüche zusammengesammelt“, sagt Liebhart und nimmt ein besticktes Tischtuch in die Hand. „Guck nicht ins Häferl, lieber Mann, die Küche geht dich gar nichts an“ ist darauf zu lesen.
„Bis noch vor einigen Jahrzehnten waren die Lebenssphären Haushalt und Erwerbstätigkeit streng voneinander getrennt. Küche und Kinder waren den Frauen vorbehalten, während die Männer auf dem Feld oder in der Fabrik arbeiteten“, merkt die Museumsleiterin mit kritischer Miene an und schaut aus dem Fenster hinaus nach Atzgersdorf. „Da hat sich in der Zwischenzeit doch einiges getan.“
Zu Sache
Das Bezirksmuseum in der Canavesegasse 24 ist jeden Mittwoch und Samstag jeweils von 9 bis 12 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Infos auf www.bezirksmuseum.at oder unter 0664/187 84 87
Heide Liebharts Spezialgebiet ist die Frauenforschung. Foto: Mathias Kautzky